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Aktuelle Ernährungsempfehlungen zu Getreide, Mehl und Brot

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Brot und Getreideprodukte in den neuen Empfehlungen

“Fünf am Tag” gilt auch für Brot und Brötchen 
Das Ergebnis der deutschen Expertenrunden fasst Dr. Helmut Oberritter, Wissenschaftlicher Leiter der DGE zusammen: “Bei uns gilt weiterhin die Empfehlung der DGE, mindestens 50 % der zugeführten Energie in Form von überwiegend komplexen Kohlenhydraten zu verzehren.” Denn Brot und Getreideprodukte, Gemüse und Obst liefern reichlich Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe.\r\nUnd auch für die soeben veröffentlichte Ausgabe 2005 der US-Richtlinien bringen es die Wissenschaftler klar auf den Punkt: Kohlenhydrate sind ein wichtiger Teil der gesunden Ernährung. Dabei haben sie es sich nicht leicht gemacht – allein zu diesem Themenkomplex wurden 129 Ergebnisse aktueller Ernährungsstudien herangezogen, ihre Aussagekraft wissenschaftlich bewertet und daraus praktische Schlussfolgerungen für fundierte Empfehlungen an die Bevölkerung gezogen. Je nach individuellem Energiebedarf sollen durchschnittliche Erwachsene zwischen 6 und 11 Portionen pro Tag aus der Getreidegruppe verzehren.
Nach dem US-Maßstab mit seinen “leichten Scheiben” entsprechen die in Unzen-Äquivalenten angegebenen Portionen bei Brot der täglichen Scheibenzahl, umgerechnet also etwa 200 bis 300 Gramm. Die gleiche Menge Brot empfiehlt auch die DGE als Beispiel für die praktische Umsetzung ihres Ernährungskreises in der Gruppe Getreideerzeugnisse und Kartoffeln. Für die deutschen Empfehlungen bedeutet das bei einem mittleren Gewicht von 50 Gramm pro Scheibe: vier bis sechs Schnitten am Tag – ebenfalls angepasst an den Kalorienbedarf.
Jetzt auch international: Vorfahrt für Vollkorn “Reichlich Getreideprodukte – und Kartoffeln” heißt die zweite der 10 Regeln der DGE, die zuletzt im Oktober 2004 aktualisiert wurden. Denn Brot, Nudeln und Getreideflocken sowie Kartoffeln enthalten kaum Fett, aber reichlich Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. “Dabei sollten Vollkornprodukte noch stärker als bisher bevorzugt werden”, empfiehlt der Wissenschaftliche Leiter der DGE, Dr. Helmut Oberritter: “Das können wir hierzulande besser als das in den meisten Nachbarländern umsetzen, weil allein schon die backende Zunft in Deutschland eine große Vielfalt von Vollkornbackwaren anbietet. Damit kann man Geschmack und Gesundheit leicht auf einen Nenner bringen. Auf Grund des verlangsamten Einstroms der Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten ins Blut werden unerwünscht hohe Blutglukosespiegel vermieden. Auch der Insulinstoffwechsel wird weniger belastet. Eine solche Ernährung erlaubt es außerdem, eine hohe Ballaststoffzufuhr von mindestens 30 Gramm pro Tag zu erreichen, was für die Gesunderhaltung eine große Bedeutung hat.
Im klassischen Weißbrotland USA legen die Experten die “Vollkornlatte auf halbe Höhe”. Aber auch die neuen “Guidelines” zielen nun erstmals in diese Richtung: Bei der Hälfte der täglichen Getreideportionen sollen die Amerikaner zu Vollkornprodukten greifen. Die “fünfzehn Weisen” des Expertenkomitees aus Medizinern und Ernährungswissenschaftlern nennen gute Gründe für ihre Empfehlung. Schon mit den mindestens drei täglichen Vollkornportionen kann das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert werden. Und sie sind eine große Hilfe, um das Körpergewicht stabil zu halten. Bei der täglichen Ballaststoffzufuhr liegen die Empfehlungen der US-Wissenschaftler mit 14 Gramm pro 1000 Kalorien im gleichen Bereich wie deutsche und andere europäische Fachleute. Der Brot-Tipp: Also am besten fünfmal am Tag ein Griff in den Brotkorb, genauso wie auch die Empfehlung für Obst und Gemüse lautet. Damit können Brot und Brötchen bei einer Vielzahl von Nährstoffen einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung leisten. Bemerkenswert sind neben dem hohen Anteil bei Polysacchariden (= komplexe Kohlenhydrate/Stärke), Eiweiß und Ballaststoffen auch die erheblichen Mengen bei B-Vitaminen und Mineralstoffen.

Diät und Kohlenhydrate: Besser Slow als Low

Gerade beim Thema “Schlankheitskost” werden kohlenhydratreiche Lebensmittel in amerikanischen Wunderdiäten häufig vom Speisezettel verbannt – zu Recht? “Nein”, sagt Dr. Helmut Oberritter von der DGE: “Tatsächlich gibt es nicht die ‘Wunderdiät’, die nur 6 Tage, 6 Wochen oder 6 Monate eingehalten werden muss, auch wenn in Deutschland Diätformen der neuen ‘Low-Carb’-Richtung nach Atkins, LOGI, Glyx oder South Beach propagiert werden. Der Begriff Diät sollte in seiner eigentlichen Wortbedeutung verstanden werden, als ‘Lebensweise’ – eine lebenslange, sorgfältige Auswahl der Lebensmittel und Speisen in Verbindung mit reichlich körperlicher Bewegung.
In den USA ist das Gewichtsproblem noch größer als bei uns. Rund zwei Drittel der Amerikaner sind übergewichtig, nicht zuletzt weil sich mehr als die Hälfte von ihnen viel zuwenig bewegen. Deshalb legen die neuen Empfehlungen nicht nur Wert auf vernünftiges Essen und Trinken, sondern zielen vor allem auf mehr körperliche Aktivität – am besten schon im Sinne von Prävention, um gar nicht erst zu viele Pfunde anzusammeln: Gewichts-Management” heißt die Devise. Und in diesem Punkt sind sich sogar die Politiker auf beiden Seiten des großen Teichs einig. So wie Bundesernährungsministerin Renate Künast mit der von ihr ins Leben gerufenen Plattform “Ernährung und Bewegung”, wollen auch die Amerikaner mit der vom Präsidenten persönlich initiierten Kampagne “Healthier US” für mehr Bewegung sorgen. Es komme darauf an, die persönliche Balance zwischen Energieaufnahme aus Lebensmitteln und Energieverbrauch durch körperlicher Aktivität zu finden, sagte Gesundheitsminister Tommy G. Thompson bei der Vorstellung der neuen Guidelines am 12. Januar 2005 vor der Presse in Washington: “Das ist wichtig für die Gesundheit insgesamt und hilft bei der Kontrolle des Gewichts.
Klare Absage an Wunderdiäten
Eine klare Absage erteilte das Experten-Komitee allen Extrem-Diäten. Zwar könne man damit zunächst erfolgreich abnehmen, aber auf lange Sicht helfe nur ein Lifestyle-Wandel. Sie empfehlen, bei einer Schlankheitskost die tägliche Kalorienzufuhr eher maßvoll einzuschränken. Für die Anteile der Hauptnährstoffe in einer Diät haben die Amerikaner jetzt Spannbreiten angegeben, um einem Mangel an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen während des Abspeckens vorzubeugen und gleichzeitig eine Schlankheitskost für den Dauergebrauch sicher zu machen: Diese Nährstoff-Spannen betragen für Kohlenhydrate 45-65 %, beim Fett 20-35 % und für Eiweiß 10-35 %, jeweils bezogen auf den Anteil an der Gesamt-Kalorienzufuhr. Also gilt für den Kohlenhydratgehalt einer Diät, dass dieser nicht unter 45 Energieprozent liegen sollte. Bei der Lebensmittelauswahl ist dann gerade zum Abnehmen wichtig, stärke- und ballaststoffreiche Produkte zu wählen. Eine Schlankheitskost, die diesen Kriterien entspricht, ist die am Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Gießen entwickelte “Brotdiät”. Diese Energie reduzierte Schlankheitskost hat einen hohen Anteil an Brot, Brötchen und Getreideprodukten – ergänzt durch Milch und Milchprodukte, fettarmes Fleisch sowie viel frisches Obst und Gemüse. Sie liefert täglich etwa 1.200 Kalorien und hat durch ihren relativ hohen Ballaststoffgehalt einen guten Sättigungswert, was das Leichtwerden leichter macht – mit Aussicht auf bleibenden Erfolg. Die Anteile der Hauptnährstoffe an der täglichen Energiezufuhr entsprechen mit etwa 50 % (vor allem komplexen) Kohlenhydraten, 30 % Fett und 20 % Eiweiß den Empfehlungen. Der Brot-Tipp: Mit einer Brotdiät kann man erfolgreich abnehmen: Langsam, aber stetig – eben “Slow” statt im Sinne einer “Crashdiät”, dafür mit guten Aussichten auf bleibenden Erfolg. Kontrollierte Versuche am Institut in Gießen und Feldstudien mit fast tausend untersuchten Teilnehmern haben gezeigt, dass im Durchschnitt zwischen 4 und 6 Kilo Gewichtsverlust in 4 Wo-chen möglich sind.
Rezepte gibt’s zum Herunterladen aus dem Internet unter www.gmf-info.de/brotdiaet.pdf

Glykämischer Index: Die Grenzen des “Glyx”

Das wissenschaftliche Komitee für die US-Guidelines hat sich besonders intensiv mit zwei viel – und z.T. kontrovers – diskutierten Fragen rund um den Glykämischen Index (GI, “Glyx”) beschäftigt und diese nach sorgfältiger Abwägung aller vorliegenden Forschungsergebnisse beantwortet: Wie wichtig ist die glykämische Antwort auf Kohlenhydrate für die Gesundheit des Menschen? “Die gegenwärtigen Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass es keine Beziehung gibt zwischen der Gesamtzufuhr an Kohlenhydraten (ohne Ballaststoffe) und der Häufigkeit von Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Der Verzehr von ballaststoffhaltigen Lebensmitteln ist nach einer Reihe epidemiologischer Studien mit einem verminderten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden.
Wo liegt der Nutzen von Glykämischem Index (GI) / Glykämischer Last (GL) für Ernährungs-Richtlinien? “Die gegenwärtigen Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass GI und/oder GL einen geringen Nutzwert haben, um den Amerikanern als Ernährungsratgeber zu dienen.
Glyx-Tabellenwerte: Kein Kriterium für Lebensmittelqualität
Was Brot und Brötchen in Deutschland betrifft, ist die “Glyx”-Datenlage zudem nicht nur schlecht oder lückenhaft, sondern schlichtweg praktisch gleich Null. Alle Tabellenwerte für Getreideerzeugnisse in deutschsprachigen Publikationen stammen (mit 2 Ausnahmen) aus dem Ausland, zumeist sogar aus Übersee. Sie sind deshalb für die bei uns mit teilweise grundsätzlich anderen Zutaten (Stichwort: Roggen/Vollkorn) und z.T. unterschiedlichen bäckereitechnischen Verfahren (Stichwort: Sauerteig) nicht übertragbar. Eine zentrale Rolle im Hinblick auf die Entstehung von hohen bzw. niedrigen GIs in Backwaren scheinen die Zusammensetzung der Stärke bzw. die Anteile verschiedener Stärkefraktionen zu spielen, die entweder über die Zutaten und/oder über technologische Prozesse variiert werden können. Hierbei könnten verschiedene Aspekte eine Rolle spielen, wenngleich bislang viele Forschungsergebnisse mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben: Die Anteile der Amylose- bzw. Amylopektin-Fraktionen der Stärken verschiedener Getreidearten (und möglicherweise auch -sorten) sowie die Anordnung der Stärke-Moleküle in der Produktmatrix könnten Einfluss auf den Glyx haben. Sauerteig bzw. verschiedene Teigsäuerungsverfahren spielen sehr wahrscheinlich eine Rolle, vor allem die Bildung unterschiedlicher Mengen an Genuss-Säuren bei der Fermentation. Relevant sind offensichtlich auch die Anteile von resistenter Stärke im Endprodukt bzw. Enzyme und Enzyminhibitoren, die beim Backprozess die Bildung von resistenter Stärke fördern bzw. behindern. Und schließlich beeinflussen möglicherweise Backzeit und Backtemperatur in unterschiedlich hohem Maße auch den GI – vermutlich ebenfalls auf dem Umweg über die Bildung von viel bzw. wenig resistenter Stärke.
Die “Mahlzeiten-Matrix” als Hauptproblem
Völlig ungeklärt ist zudem das Problem der “Mahlzeiten-Matrix”. Wie eine dänische Studie gezeigt hat, sind Glyx-Tabellenwerte für einzelne Lebensmittel ungeeignet, um Aussagen über die Stoffwechsel-Wirkung in zusammengesetzten Mahlzeiten zu machen, wie z.B. bei einem Früh-stück. Weder lässt sich aus den Tabellenwerten für die Einzelkomponenten der glykämische Effekt einer Mahlzeit vorhersagen, noch haben die Kohlenhydrate allein in der Mahlzeiten-Matrix die größte Bedeutung für den Glyx. Auf Fett- und Eiweißgehalte kommt es mindestens genauso an. Der Ernährungsprofessor Dr. Günther Wolfram zieht daher in seiner Bewertung den Schluss: “Damit sind nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Möglichkeit der Anwendung des GI in der praktischen Ernährung des Gesunden weiterhin in Zweifel zu ziehen. (…) Deshalb wurde auch in den Dietary Refence Intakes und in den neuen Dietary Guidelines for Americans auf die Verwendung des GI als offizielles Kriterium der Lebensmittelqualität verzichtet.
Der Brot-Tipp:
Orientieren Sie sich statt an den Glyx-Werten besser an den wissenschaftlich abgesicherten Ballaststoffgehalten unserer Lebensmittel als Richtschnur für eine gesunde Ernährung. Nutzen Sie dabei die Vielfalt des deutschen Brotangebots, um ihre tägliche Ballaststoffportion zu erhöhen – nach dem Motto “Gesundheit mit Geschmack.

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